Die Sache mit dem Geld: Den Lohn auf eine Formel bringen

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April 2021~4 Minuten

Etwas mehr als ein Jahr ist es her, seit wir bei smartive unsere Lohnpolitik auf eine neue Basis gestellt haben. Weg von einer traditionellen, individuellen Festsetzung der Löhne, hin zu einer universell anwendbaren, transparenten Lohnformel. Zeit, ein erstes Fazit zu ziehen und aufzuzeigen, was uns damals zu diesem Schritt bewogen hat.

Rückblick

Wir haben uns der Innovation verschrieben. Im Zuge der Abschaffung der Geschäftsleitung und der Transition zu einer selbstorganisatisierten Unternehmung kamen wir nicht umhin, unsere Lohnpolitik einer kritischen Prüfung zu unterziehen.

Noch vor etwas mehr als einem Jahr gehörte die Festsetzung der Mitarbeiterlöhne zum Aufgabenbereich der Geschäftsleitung. Diese genoss in diesem Rahmen volle Entscheidungsfreiheit. Aufgrund des Profils potentieller neuer Mitarbeiter*innen und anhand von Erfahrungswerten wurden Löhne individuell festgesetzt. Natürlich konnte das Verhandlungsgeschick einer Bewerberin oder eines Bewerbers die Entlöhnung beeinflussen.

Es zeigte sich, dass diese Handhabung unter Mitarbeitenden als unfair, ja gar willkürlich empfunden werden konnte. Um mit diesem Missstand aufzuräumen, habe ich mich letztes Jahr gemeinsam mit der People-Arbeitsgruppe daran gesetzt, iterativ ein neues Lohnkonzept zu erarbeiten. Was folgte, war ein langer Prozess mit vielen Abklärungen und äusserst interessanten, persönlichen Gesprächen. Schnell kristallisierte sich heraus: Die Lohnkalkulation soll klar, wertegetrieben, nachvollziehbar und transparent sein. Löhne sollen nicht verhandelbar sein, da dies genannte Eigenschaften tangieren würde.

Die Formel

Klar war, dass wir uns von einem System, in welchem Einzelpersonen oder befugte Personengruppen Löhne festlegen, verabschieden mussten. Eine Lösung, bei welcher alle Mitarbeitenden über die Höhe einzelner Gehälter befinden, war aufgrund der Skalierbarkeit ebenfalls schnell vom Tisch. Was wir benötigten war eine einheitliche, jederzeit anwendbare Formel. Aufbauend auf den gewonnen Erkenntnissen haben wir eine Lohnkalkulation erarbeitet, die auf vier Eckpfeilern aufbaut. Die Formel dient der Kalkulation eines monatlichen Bruttolohns (jährliche Lohnsumme = 13 Monatslöhne).

Lohnformel der smartive AG

Solide Basis

Eine marktkonforme Basis im Bezug auf den Grundlohn ist unabdingbar. Diese Basis entspricht bei uns einem Gehalt von CHF 5'500.-

Erfahrung

Erfahrene Spezialist*innen bringen die Firma mit ihrem langjährigen Wissen weiter. Ein Erfahrungsjahr entspricht dabei CHF 125.-. Das Maximum anrechenbarer Jahre beträgt zehn Jahre.

Qualifikation

Wir wollen ein attraktiver Arbeitgeber für hochqualifizierte Arbeitskräfte sein. Höhere Abschlüsse wie ein Bachelor (CHF 750.-) oder Master (CHF 1’000.-) innerhalb des Fachgebietes werden entsprechend entlöhnt.

Firmentreue

Loyale Mitarbeiter*innen sind in unseren Augen das höchste Gut eines Unternehmens. Pro Arbeitsjahr bei smartive erhöht sich dessen Lohn um CHF 150.-

Verantwortung

Gerade als selbstorganisiertes Unternehmen sind wir besonders darauf angewiesen, dass die Mitarbeiter*innen aktiv Verantwortung übernehmen. Deshalb haben wir Verantwortungsbereiche definiert, beispielsweise Projektleiter, und diese mit je CHF 150.- in die Lohnformel einfliessen lassen.

Anfang dieses Jahres haben wir das Fazit gezogen. Und sind uns bewusst geworden, dass dieser zusätzliche Lohnbaustein unpraktikabel ist – vor allem deshalb, weil die Zuteilung subjektiv ist. Wir sind der Auffassung, dass jede*r zu gleichen Teilen zum Erfolg beiträgt und sich die Verantwortung deshalb auf alle Mitarbeitenden verteilt. Diese Erkenntnis führte uns zum Entschluss, die Verantwortungsbereiche aus der Formel zu streichen.

Das Beispiel zeigt: Die Lohnformel ist nicht unumstösslich. Sie soll leben und an neue Gegebenheiten angepasst werden – agil und unkompliziert.

Das Resultat

Wir sind stolz auf unser neues Lohnmodell, das folgende Eckpunkte aufweist:

  • Wir leben Transparenz. Jede*r Mitarbeiter*in kennt die Zusammensetzung ihres Lohnes. Alle unsere Löhne sind intern offen einsehbar.
  • Unsere Lohnpolitik empfinden wir als so fair, dass wir diese sogar offen gegen aussen kommunizieren. Wir brauchen uns auf dem Markt nicht zu verstecken.
  • Das Verhältnis zwischen dem niedrigsten und höchsten Lohn innerhalb unserer Firma beträgt 1.6. Auf diese äusserst kleine Lohnschere sind wir besonders stolz.
  • Wir machen keine Unterscheidungen zwischen Fachgebieten, wenn es um den Lohn geht. Unsere Formel gilt genau gleich für eine*n Softwareentwickler*in, eine*n UX-Designer*in, wie auch eine*n Projektleiter*in. Jede*r Mitarbeiter*in trägt zu gleichen Teilen zum Erfolg der Firma bei.

One More Thing: Bonus

Die Diskussion über die Lohnpolitik führte postwendend ebenso zu einer Diskussion über die Bonuspolitik. Genau gleich wie bei einer klassischen Lohnfestlegung ist auch hier die Problematik, dass vielfach Boni aufgrund subjektiver Meinungsbildung ausbezahlt werden. Für uns war immer klar (und diese Meinung manifestierte sich zusätzlich innerhalb der geführten Gespräche unter Mitarbeitenden), dass monetäre Anreize nicht zu unserer Firmen-DNA gehören. Der Ansporn für unsere Mitarbeiter*innen, Grosses zu leisten, ist vielmehr eine funktionierende Firmenkultur.

Als Konsequenz aus diesen gewonnen Einsichten einigten wir uns darauf, dass Boni gleichmässig an alle Mitarbeiter*innen ausbezahlt werden (proportional zum Jahreslohn).

Der Gesamtbetrag, der als Bonus ausbezahlt wird, entspricht jeweils mindestens einem Drittel des im Vorjahr erzielten Gewinns. Dies kann in wirtschaftlich guten Jahren schnell einmal zu einer Bonuszahlung in der Höhe von mehreren Monatslöhnen führen.

smarties beim Gespräch

Lessons Learned

Traditionelle, monetär getriebene Lohnsysteme funktionieren heutzutage vielerorts nicht mehr. Die Wahrnehmung von Arbeit und einem attraktiven Arbeitsplatz hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert. Die Idee, dass sich eine Arbeitsstelle nur über deren Lohn definiert, kann als veraltet angesehen werden. Neue, wichtige Aspekte wie Transparenz, Diversität, Fairness oder Verantwortungsbewusstsein definieren eine Firma in hohem Masse.

Diesen neuen Ansprüchen bei der Lohngestaltung gerecht zu werden kann aufwändig sein. Ein demokratischer Prozess, bei dem allen ein Mitspracherecht eingeräumt wird, ist unabdingbar. Das Feedback eines jeden Mitarbeiters ist Gold wert. Dass das Resultat letztlich von allen mitgetragen wird, ist die Belohnung für den Effort.

Eine vordefinierte Lohnformel lässt bewusst keinen Handlungsspielraum bei Lohnverhandlungen innerhalb eines Bewerbungsprozesses. Dieser Umstand führte anfangs zu einigen Unsicherheiten. Finden wir genug qualifizierte neue Mitarbeiter? Sind wir als Arbeitgeber noch konkurrenzfähig und attraktiv? Schnell stellte sich jedoch heraus, dass gerade die Kernidee hinter einer solchen Formel, die Transparenz unter den Mitarbeitenden, ein Verkaufsargument auf dem Stellenmarkt darstellt: Stellensuchende, die unseren Ansatz mittragen können, verinnerlichen bereits einen Teil der Werte, die wir bei smartive leben. Das Resultat: Ein guter Match.

Rückblickend auf das vergangene Jahr können wir sagen, dass wir stolz auf den Weg sind, den wir eingeschlagen haben. Mit dem erreichten Resultat positionieren wir uns als moderne, werteorientierte und innovative Firma am Markt.